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„Beneidenswert die Kinder ...“

Die Geschichte der Mont-Cenis-Gesamtschule und ihres Schulstandorts in Herne-Sodingen

1956 – Die „Evangelische Volksschule Sodingen“ entsteht

Als die Gesamtschule Herne im Sommer 1985 ihre bis heute bestehenden Gebäude am Ostbachtal in Sodingen bezieht, blickt der Schulstandort bereits auf eine knapp 30-jährige Geschichte zurück. Das an der Sodinger Straße gelegene lange weiße Schulgebäude mit dem Spitzdach, in dessen großzügigen und hellen Klassenzimmern heute die Schülerinnen und Schüler des 7. Jahrgangs untergebracht sind, ist der älteste Bauteil des dreiteiligen Gebäudeensembles, das in den Jahren 1955 bis 1956 errichtet wird. als einer der ersten Herner Schulneubauten der Nachkriegszeit neu errichtet wird. Rings um das als eines der ersten Herner Schulneubauten der Nachkriegszeit errichtete Schulgebäude befinden sich die Felder der Bauerngehöfte Schulte und Schmidt Sodingen, der Ostbach und die Wiesen und Wälder des nahen Gysenbergs, einer für das Ruhrgebiet typischen Landschaft aus bäuerlich und industriell genutzten Flächen.

Direkt gegenüber dem Haupteingang der Schule, dort wo sich heute Mehrfamilienhäuser, ein Kiosk und die Bushaltestelle befinden, liegt damals das Straßenbahndepot der HCR. Die Straßenbahnlinie Nr. 1, die Herne und das Herz Sodingens – die 1872 als „Gewerkschaft der Steinkohlezeche Mont-Cenis Sodingen in Westfalen“ gegründeten Zeche Mont Cenis – miteinander verbindet, führt durch die Mont-Cenis Straße unmittelbar an der Schule vorbei. Im Jahr 1959 muss die HCR den Straßenbahnbetrieb einstellen und das Depot zieht um.

Mit der Kohlekrise Ende der 1950er Jahre hat das Bergarbeiterdorf Sodingen die Hochzeit des Kohleabbaus bereits hinter sich und auch auf Mont-Cenis gibt es die ersten Feierschichten. Doch es ist auch die Zeit des Wirtschaftswunders, das Geld sitzt locker und die Stadt Herne investiert: die neue Schule wird für den damals sehr hohen Betrag von 1 Million D-Mark gebaut. Außerdem entstehen Wohnungen und das Sportheim am Stadtgarten, wo die Schülerinnen und Schüler der MCG auch heute im Sommer zum Schulsportfest zusammenkommen. Im April 1956 wird das Richtfest der Schule unter großer Anteilnahme der Bevölkerung gefeiert. Oberbürgermeister Robert Brauner und Stadtschulrat Neumann lassen es sich nicht nehmen „die letzten Zehnzöller in die Balken“ zu schlagen. Gefeiert wird anschließend im Lokal Roperz in der Sodinger Händelstraße, wo die Musikkapelle von Werner Krüger und der Komiker Helmut Ziggert für Unterhaltung sorgen. Die Herner Zeitung resümiert:

„Beneidenswert die Kinder, die in einer solch großzügig gestalteten Schule unterrichtet werden!“ (Herner Zeitung Nr. 88 vom 14. April 1956).

Rund 400 Sodinger Mädchen und Jungen können nun mit ihren Lehrern und Lehrerinnen und unter Leitung des damaligen Rektors Hegemann aus dem Altbau der ehemaligen Viktoriaschule (die später die Namen „Schule Grüner Weg“ und „Erich-Kästner-Schule“ erhält) ausziehen. An der neuen Schule gibt es nicht nur Klassenräume mit geschreinerten Einbauschränken aus Holz (die bis heute noch in den Klassenräumen genutzt werden), sondern auch modern ausgestattete Lehrküchen, eine Sporthalle mit Hausmeisterwohnung und ein Lehrschwimmbecken, dessen Stufen auf dem oberen Schulhof in der Nähe des Basketballfeldes erhalten sind.

Zu Sodingen gehörte damals auch der Fußball: Auf der gegenüberliegenden Seite des Haupteingangs an der Sodinger Straße, dort wo sich heute ein Kindergarten befindet, lag damals die „Aschekippe“ – eine der Spielstätten des Fußballvereins SV Sodingen, der damals in der höchsten deutschen Liga spielte. 

„Sodingen – das war Fußball im Schatten des Förderturms, umgeben von den typischen Bergarbeiterkolonien mit ihren unverputzten, rußgeschwärzten Ziegelbauten: und das war die Zeche Mont-Cenis, die über Jahrzehnte hinweg die Entwicklung des Stadtteils dominierte und mit der die Anhänger, die Spieler und Vorstandmitglieder unzertrennlich verbunden waren.“ (Ralf Piorr: Der letzte Kumpelverein – Die Glanzzeit des SV Sodingen“)[1]
An die Glanzzeit des SV-Sodingen und die Fankultur dieses Fußballvereins erinnert seit 1958 ein Denkmal auf dem Schulhof. Die Herkunft der auch als „Der Torschrei“ bekannten Skulptur der Börniger Bildhauerin Elisabeth Hoffmann gerät lange in Vergessenheit, bis im Jahr 2014 ein Schülerblog der MCG den Ausschlag dazu gibt, ihre Herkunft zu ergründen. Im Jahr 2017 führt diese Recherche schließlich zu ihrem Eintrag in die Herner Denkmalliste.

Neben dem Sport wird in der Gründungszeit ein weiterer Schwerpunkt für die spätere Schulentwicklung gelegt. Dem damaligen Oberbürgermeister Robert Brauner ist es besonders wichtig, dass die Schulneubauten der Stadt Herne mit Kunstwerken ausgestattet werden. Er veranlasst, dass je ein Prozent der Bausumme für die ästhetische Gestaltung der Bildungseinrichtungen zur Verfügung gestellt wird. Mehrfach lobt Brauner Ideenwettbewerbe für Herner Künstler und Künstlerinnen aus. Auch die neue Sodinger Schule „soll an der Außenfläche, westlicher Teil, einen künstlerischen Schmuck erhalten, ferner an den einzelnen Klassen bestimmte Klassenzeichen. Das Bauamt schlägt für den Außenschmuck eine grau-gelb gebrannte Tonplatte in der Größe von ca. 40/60 cm als Einzelplatte und von ca. 2,80/ 3,20 m in Gesamtgröße vor, als Ausführung eingeritzt und dann in Farbe angelegt. Die Herner Künstler sollen hier […] zu einem Ideenwettbewerb herangezogen werden. Herr OB Brauner schlägt vor, in der Pausenhalle noch einen künstlerischen Schmuck anzubringen.“ (Protokoll einer Besprechung beim Herner Oberstadtdirektor vom 15.9.1955, Stadtarchiv Herne).

Das Sgraffito-Wandbild wird tatsächlich an der Außenwand zur Sodinger Straße angebracht, etwa in dem Bereich, wo heute die gelbe Verglasung des Treppenhauses von außen sichtbar ist. Auf alten Fotos des Gebäudes ist das Sgraffito leider nur grob zu erkennen, sodass wir nicht wissen, was genau darauf dargestellt war. Ob auch die Skulptur auf den Auftrag Brauners zur künstlerischen Gestaltung des Schulhofs zurückgeht, ist trotz umfänglicher Recherchen ebenfalls unklar. Die Tatsache, dass er ein besonderes Faible für die künstlerische Gestaltung öffentlicher Gebäude hatte, lässt jedoch den Schluss zu, dass er die Aufstellung der Skulptur förderte.

Als Klassensymbole werden über jeder Tür Keramikfliesen, die Lerninhalte bildlich darstellen, angebracht. Noch heute hängt eine von ihnen über der Tür zur Schulküche.

1972 – Das Schulzentrum Ostbachtal entsteht

In unmittelbarer Nähe der Schule wird im Jahr 1970 der Revierpark Gysenberg als erster Freizeitpark im Ruhrgebiet eröffnet. Zahlreiche riesige orangene Kletter-Kuben für die Kinder und bequeme Gartenliegestühle für die Erwachsenen, ein großer Streichelzoo und ein hochmodernes Wellenbad, das heutige Lago, bieten den Menschen ein attraktives Freizeitangebot, das weit über Herne und Sodingen hinaus Bekanntheit gewinnt.

Und auch an der Sodinger Volksschule zeichnet sich eine Veränderung ab: Ende der 1960er Jahre kommen die geburtenstarken Jahrgänge, die sogenannten Babyboomer, in die Schule. Zusätzlich werden bereits einzelne „ausländische“ Kinder eingeschult. Sie sind Nachkommen der ersten als „Gastarbeiter“ bezeichneten Generation von Einwanderern, die seit dem Ende der 50er Jahre aus Süd-und Südosteuropa für die Stahlwerke und Zechen angeworben werden.

Die „goldenen Stadt“ Herne reagiert auf den sich abzeichnenden demographischen Wandel und veranlasst im Jahr 1970 die Planung für ein neues Schulzentrum im Ostbachtal, in der zusätzlich zur Hauptschule ein zweiter Schultyp untergebracht werden soll, die Realschule II. Das „Schulzentrum Ostbachtal wird auf die Zukunft ausgerichtet“, titelt die Westfälische Rundschau am 3. Juni 1970 und berichtet, dass im Neubau ein Speisesaal, ein Ruheraum und ein Sprachlabor zum individualisierten Lernen von Fremdsprachen vorgesehen sind (dessen Tische heute übrigens im Medienraum J01 Verwendung finden). Das Gebäude wird nun für mehr als doppelt so viele Schülerinnen und Schüler als zuvor ausgelegt: insgesamt 1.000 Kinder und Jugendliche sollen die Schule in 15 Hauptschul- und 12 Realschulklassen besuchen, die beiden Schultypen sollen künftig nebeneinander existieren. Die Schuldirektoren Finger (Realschule) und Strauß (Hauptschule) teilen sich die neue Sporthalle und das Hauptgebäude, in denen heute die 5. und 6. Jahrgänge, der Klassenturm im Hochhaus (Gebäudeteile A und B) und die Aula untergebracht sind. Das erst 15 Jahre alte Lehrschwimmbecken und die Turnhalle müssen weichen[2] und der ehemalige Durchgang vom Schulgebäude Sodinger Straße zur nun abgerissenen Sport- und Schwimmhalle wird umbaut und zum Verwaltungstrakt, der heute noch besteht. Im selben Zug werden der Verlauf der Sodinger Straße abgeändert (1979 bis nach Börnig verlängert) und der Ostbach überbaut.

Auch im Kern von Sodingen stehen die Zeichen auf Veränderung: Am 31. März 1978 wird die Zeche Mont-Cenis nach 106-jährigem Betrieb stillgelegt.  „Mont-Cenis, Mont-Cenis, diesen Pütt vergess ich nie“, dichtete in einem Bergmannslied ein unbekannter Verfasser. Der Abschied von der Zeche war ein Einschnitt in der Geschichte Sodingens und im Leben vieler Menschen.“[3] Am 5. August 1981 um 12 Uhr mittags wird der letzte Förderturm auf Mont-Cenis niedergerissen.

1984/1985 – Gründung der Gesamtschule Herne

Seit den 1970er Jahren werden überall in NRW neue Gesamtschulen gegründet. Ziel des Gesamtschulkonzepts ist die Chancengleichheit für alle Schülerinnen und Schüler. Bildung soll nicht länger vom sozialen Status des Elternhauses abhängen. In der Wanne-Eickeler Stöckstraße wird im Jahr 1979 die erste Gesamtschule der Stadt als „Gesamtschule Herne“ gegründet. Nachdem in einer Ratssitzung im Dezember 1983 der endgültige Beschluss zur Einrichtung einer zweiten Gesamtschule an der Mont-Cenis Straße ergeht, werden im Schuljahr 1984/85 noch an der Wanne-Eickeler Stöckstraße 104 überwiegend aus Herne stammende Kinder in vier neue fünfte Klassen (5.6 bis 5.10) aufgenommen. Sie müssen allmorgendlich von Alt-Herne nach Wanne-Eickel, quasi von Bahnhof zu Bahnhof, fahren. Schließlich ziehen die Herner Kinder am 5. August 1985 – mit ihren 17 Lehrerinnen und Lehrern – an die Mont-Cenis-Straße 180, den heutigen Schulstandort, um. Die Schule in Sodingen nennt sich von nun an Gesamtschule Herne, diejenige an der Stöckstraße Gesamtschule Wanne-Eickel.

In der Gründungsphase der MCG teilen sich drei Schulformen als „Drittelpartner“ die Gebäude. Und noch immer gehört es zu den gern erzählten – aber unzutreffenden – Anekdoten, dass sich die drei Rektoren Viehweger (Gesamtschule), Finger (Realschule) und Strauß (Hauptschule) damals ein Schulleiterzimmer teilten. Damit ist es eine aus der Geschichte des Standorts hervorgehende Besonderheit, dass die Gesamtschulidee, dass alle Schülerinnen und Schüler gemeinsam lernen und alle Schulabschlüsse erreichen können, dem Gebäudeensemble der MCG nicht nur ideell, sondern auch baulich eingeschrieben ist.

Bei Herner Eltern und Kindern ist die neue Gesamtschule Herne als stadtweit einzige Ganztagsschule, die zudem mit einer modernen Dreifachsporthalle ausgestattet ist, sehr beliebt. Von den 192 angemeldeten Kindern können im Losverfahren zunächst nur 120 aufgenommen werden. Zwei Jahre später, nach dem Auslaufen der Hauptschule im Jahr 1986 und dem Umzug der Realschule an die Castroper Straße im Jahr 1987, wird sie sechszügig. Der damalige Schulleiter Wolfgang Viehweger beschreibt die Aufbruchstimmung und Begeisterung in dieser Zeit:
„Wir hatten im Nachmittagsbereich in den ersten Jahren 22 Arbeitsgemeinschaften, die von Eltern angeboten wurden: Schreibmaschineschreiben, Basteln, Nähen usw. Damals richteten wir auch die Bibliothek ein. Die Kinder haben sehr viel gelesen.“
Das Bildungsprojekt der Gesamtschule nimmt Fahrt auf und aus einer Vielzahl von Aktivitäten kristallisieren sich mit dem Frankreichaustausch, den Aktivitäten in Musik und dem Sport im Laufe der Jahre mehrere Schwerpunkte heraus, die der Mont-Cenis Gesamtschule bis in die Gegenwart ein besonderes Gepräge verleihen.

Gründungsschulleiter Wolfgang Viehweger, der die Schule bis 1995 leitet, macht sich vor allem für den europäischen Austausch stark und initiiert im Jahr 1986 eine Schulpartnerschaft mit dem Collège Anne Frank, die in 400 Km Entfernung in der nordfranzösischen Partnerstadt Hernes Hénin-Beaumont liegt. Ein Highlight ist, dass die Gesamtschüler und -schülerinnen ihr dreiwöchiges Berufspraktikum dort absolvieren können. Im Gegenzug sammeln französische Austauschschülerinnen und -schüler praktische Erfahrungen bei der Baufirma Heitkamp in Herne, dem damaligen Partnerbetrieb der Gesamtschule. Viehweger erinnert sich: 
„Gerade Schülerinnen und Schüler, die weniger mit guten Schulnoten glänzten, konnten von dieser praktischen Erfahrung profitieren. Sie erfuhren durch das Auslandspraktikum einen großen Motivationsschub und machten gute Abschlüsse in Klasse 10“.
Auch die Lehrerinnen und Lehrer knüpfen zahlreiche deutsch-französische Freundschaften und so bleibt die Schulpartnerschaft über 20 Jahre bis zum Jahr 2010 bestehen. Darüber hinaus ergibt sich ein Englandaustausch. Nach der Wiedervereinigung im Jahr 1990 knüpft die Schule einen ersten Kontakt mit der Geschwister-Scholl-Oberschule in Lutherstadt Eisleben, der neu gewonnenen Partnerstadt Hernes, die jedoch nur von kurzer Dauer ist.

1990 – Entstehen des Musikprofils

An der MCG spielt die Musik – und das bereits seit der ersten Stunde: Im Oktober 1990 nehmen der Musiklehrer Ingo Marmulla, weitere Musiklehrer, die Schulband und der Schulchor die Songs „Schwarz und Weiß“ und „Für Dich Da“ auf. Im Keller der Schule proben sie mit Gitarre, Keyboard, Drums und Saxofon und bringen pünktlich zu Weihnachten eine Single in der Auflage von 1.000 Stück auf Marmullas Plattenlabel „energie" heraus.

Ein weiterer Meilenstein gelingt im Jahr 1994 mit dem „Musikprojekt für Toleranz und das Zusammenleben verschiedener Kulturen“, einer zweisprachigen CD, die im Jahr 1994 wieder unter Leitung von Musiklehrer Ingo Marmulla in Kooperation mit dem Türkischlehrer Cengiz Karaefe an der Mont-Cenis-Gesamtschule entsteht. Für die Aufnahme der CD mit dem Titel „Zusammen-Klänge" / „Birlikte Calip Söyleyelim“ finden sich Kinder, Musiker und Lyriker zusammen, um 20 verschiedene Songs einzuspielen, darunter das bekannte Lied Üsküdar. Sie wollen „den Menschen in unserem Lande durch Musik bewusstmachen, dass unterschiedliche Kulturen ein unverzichtbarer Gewinn sind.“

Zu den absoluten Highlights gehört schließlich das legendäre Konzert der Boy Group „Caught in the Act“ an der MCG. Wie kam es dazu? Die Klasse 8.6 hatte einen Wettbewerb der Herner Radioredaktion „Cocktail“ gewonnen. Während die privaten TV-Sender die aufgeregten Schülerinnen und Schüler drehen, ächzen die Schülerinnen und Schüler in der Oberstufe unter den Abiklausuren.

Mit mehreren Musikprofilklassen, die in Big Band-Formation auftreten, ist die Mont-Cenis Gesamtschule auch heute eine musikbetonte Schule. Die Auftritte im Kulturzentrum, in der Akademie Mont-Cenis und in der Schulöffentlichkeit sorgen regelmäßig für Begeisterung und große Anerkennung. 

1990/1993 – Erste Abschlussjahrgänge

1990 wird der erste Abschlussjahrgang nach der 10. Klasse entlassen. Schulleiter Viehweger würdigt das „Stehvermögen“ dieses Jahrgangs in seiner Rede bei der Entlassfeier:
„Ihr, liebe Schülerinnen/Schüler des ersten Entlassjahrgangs, hattet das Glück (oder Pech), bei allen Entscheidungen, die in Begleitung dieser Schule zu Räumen, Materialien, Finanzen, Konzepten u.a. fielen, immer die ersten zu sein, die bemerkten, ob die Entscheidung gut oder weniger gut war …“.

Drei Jahre später, am 9. Juni 1993 erhalten die ersten Abiturientinnen und Abiturienten ihr Reifezeugnis aus den Händen von Schulleiter Viehweger – NRW-Kultusminister Hans Schwier ist Ehrengast und lässt es sich nicht nehmen, den 28 Schülerinnen und Schülern, die als erster Jahrgang 1984 noch an der Gesamtschule in Wanne-Eickel eingeschult worden waren, persönlich zu gratulieren. Ihre Abiklausuren schreiben sie bereits im Neubau für die Oberstufe, der am 30. Oktober 1992 nach nur einjähriger Bauzeit feierlich eingeweiht wird. Der Neubau schlägt damals mit 8 Millionen DM zu Buche.

1993 – Entstehen des Sportprofils

Bereits seit 1990 nehmen alle Schülerinnen und Schüler des 8. und 11. Jahrgangs an einer Sportwoche teil. Sie entscheiden sich entweder für Schneesport in den Alpen, wo sich aus den Disziplinen Ski-Alpin, Langlauf oder Snowboarden wählen oder eine Reiterwoche im Münsterland verbringen. Die Ausrüstung für den Schneesport erhalten die Jugendlichen auf Wunsch aus dem Skikeller der MCG.

Am 19. August 1996 übernimmt Udo Müller die Leitung der Gesamtschule. Auf seine Initiative werden der Sportzweig und der erste Sport-Leistungskurs in Herne an der MCG eingerichtet: Schüler und Schülerinnen können seither mit ihrem Sportabitur einen Übungsleitungsschein eerwerben.

1994 finden Olympische Winterspiele in Lillehammer statt. Die Gesamtschule landet einen besonderen Coup: Als traditionelle Eissportstadt gelingt es Herne, die Olympische Flamme in die Stadt zu holen. Am 24. Januar wird dem MCG-Staffellaufteam die große Ehre zu teil, die olympische Flamme auf dem Schulhof zu übernehmen. Das elfköpfige Team träg die Fackel über den Schulhof, die Mont-Cenis-Straße herunter, vorbei am Sodinger Amtshaus, schließlich über die Kreuzung Mont-Cenis-Straße/ Kirchstraße. Dort wird sie vom Team des Herner Eissportvereins übernommen und zur Gysenberghalle gebracht. Drei griechische Schülerinnen der MCG tragen die olympische Flamme und rund 900 Schülerinnen und Schüler der MCG haben nach der 2. Stunde Unterrichtsschluss, um an den Feierlichkeiten teilzunehmen. Wolfgang Siebert erinnert sich: „Tolle Aktion von Schuleiter Viehweger: Staffelübergabe in der Gysenberghalle, alle Schülerinnen und Schüler mussten dorthin. Die vielen Reden fanden sie nicht so aufregend. Selber habe ich Aufsicht vor der Halle gemacht.“

Mit der „bewegten Pause“ wird an der Mont-Cenis-Gesamtschule ein weiteres sportliches Angebot gemacht. Für die Jahrgänge 5 bis 7 und 8 bis 10 gibt es eine separate Spieleausgabe, in der die Kinder und Jugendlichen Bälle, Tore, Stelzen, Pedalos, Reifen und Seilchen ausleihen können. Auch Kicker gibt es in der Mittagspause – die Schülerinnen und Schüler wählen aus einem breiten Angebot.

2001 – Umbenennung in Mont-Cenis-Gesamtschule

In die mehr als zwanzigjährige Leitungszeit von Schulleiter Udo Müller fällt auch die Umbenennung der Schule in Mont-Cenis Gesamtschule im Jahr 2001. Der Name geht zurück auf ein technisches Wunderwerk – den gleichnamigen Tunnel in den französischen Alpen, der der 1872 gegründeten Zeche Mont-Cenis einst ihren Namen gab. Nach fast 100 Jahren – und einer wechselvollen Geschichte – wird sie im Jahr 1978 geschlossen und es entstehen mitten in Sodingen 25 Hektar Brachfläche. Dies gibt den Anstoß für das Projekt „Mont-Cenis“, das im Jahr 1990 im Rahmen der „Internationalen Bauausstellung (IBA) Emscher Park“ initiiert wird. Im Jahr 1999 wird die Akademie Mont-Cenis nach fünfjähriger Bauzeit schließlich eröffnet und das in ihr untergebrachte Stadtteilrathaus eingeweiht. Die Fortbildungsakademie des Innenministeriums NRW versteht sich als Motor kontinuierlicher Verbesserungen in der Verwaltung von NRW.

Ausschlaggebend für die Umbenennung der Schule ist für Schulleiter Müller, dass die Bevölkerung den Namen Mont-Cenis einerseits mit der Geschichte und Gegenwart des Bergbaus in Herne verbindet und er andererseits für den Aufbruch in die Zukunft steht, den Herne durch die zukunftsweisende Architektur und Technik der Fortbildungsakademie in Sodingen erfährt. Bei der Feierstunde zur Namensgebung verweist auch Oberbürgermeister Wolfgang Becker auf die große Bedeutung, die mit dem Namen der Zeche Mont Cenis verbunden sei: „Er steht wie kaum ein zweiter für Tradition und Wandel, für Geschichte und Zukunft.“

Im Jahr 2014 darf sich die Schule über ein neues Gebäudeteil freuen: Am 16. März wird die neue Mensa in einem roten lichtdurchfluteten Flachbau als Anbau der bereits bestehenden Mensa eingeweiht. Im Folgejahr kommt der neue Schulgarten mit einem Amphitheater aus Naturstein dazu.

2017 – Neubau in Sicht

Im September 2017 beschließt die Stadt Herne einen Teilabriss des Gebäues von 1972 und einen Erweiterungsbau für die Mont-Cenis-Gesamtschule, der mit 33.710.000 Euro Sanierungs- und Erweiterungsbedarf veranschlagt wird (WAZ vom 26. August 2017). Neue Impulse setzt auch die im Februar 2017 eingesetzte neue Schulleiterin, Sylke Reimann-Pérez, mit einem neuen Ausbildungspakt, bei dem die Schule mit der Stadt Herne und lokalen Unternehmen kooperiert, um dem Fachkräftemangel zu begegnen und die Jugendlichen bestmöglich auf ihr Berufsleben vorzubereiten.

Der Name Mont-Cenis vereint heute sowohl Bergarbeiter- und Industriekultur des Zechenstandorts Sodingen als auch die innovative Technik und Erneuerung der von der Akademie Mont-Cenis ausstrahlenden Projekte. Die Mont-Cenis-Gesamtschule öffnet sich bewusst dieser Tradition und Aufgabe und lebt ihren Namen mit dem Bestreben, Kindern und Jugendlichen eine Ausbildung und Erziehung zu geben, die sie darin bestärkt, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden und aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.


 

[1] in: Ralf Piorr (Hg.): Vor Ort. Geschichte und Bedeutung des Bergbaus in Herne und Wanne-Eickel, Herne 2010 (adhoc Verlag), S. 192-199.

[2] 29.1.1972 Artikel: „Frühling“ im Herner Schulbau:

[3] Ralf Piorr: „Mont Cenis“ in Ralf Piorr (Hg.): Vor Ort. Geschichte und Bedeutung des Bergbaus in Herne und Wanne-Eickel, Herne 2010 (adhoc-verag), S.89-99, S.95-97.

Text und Recherche: Céline Spieker

Vielen Dank an Martina Koch und Jürgen Hagen vom Stadtarchiv Herne und Doris Saisch vom Historischen Verein Herne/ Wanne-Eickel e. V..

 

Bildnachweis:
  • Stadtarchiv Herne
  • Bildarchiv Doris Saisch
  • Fotoarchiv Mont-Cenis Gesamtschule
Abbildungen:
  • Titelfoto: Gebäude 1956 mit Auto (Saisch)
  • Luftbild Schule 1956 (Stadtarchiv / Saisch)
  • Foto Lehrschwimmbecken (Saisch)
  • Foto Artikel Lehrschwimmbecken WAZ (Stadtarchiv)
  • Foto Aschekippe SV Sodingen (Saisch)
  • Foto Skulptur (Artikel Stadtarchiv))oto Außenwand 1956 Sgraffito (Saisch)
  • Foto Keramikfliese Küche (Spieker)
  • Foto Neubau mit Kind 1977 (Saisch)
  • Foto Überbauung Ostbachtal (Stadtarchiv)
  • Foto WAZ Schulgründung (Stadtarchiv)
  • Foto Gesamtschule Herne Gründungsphase Einschulung Kinder 1986 (WAZ)
  • Foto: Frankreichaustausch (MCG)
  • Aquarell der Schule von Marco Jeschke (MCG)
  • Heitkamp (MCG)
  • WAZ Caught in the Act (Stadtarchiv)
  • MCG-Orchester im Kulturzentrum (WAZ, MCG)
  • Foto: CD Birlikte (Spieker, MCG)
  • Einweihung Neubau (MCG, WAZ)
  • Foto: Erste Abiturienten (WAZ, Stadtarchiv)
  • Foto: Sportklasse heute (MCG)
  • Foto: Ausschnitt Zeitungsartikel WAZ Mont Cenis (MCG, Stadtarchiv)
  • Foto: Skifahrt (MCG)
  • Foto: Nikolauscup (MCG)
  • Foto: Flamme auf dem Schulhof mit Schüler Volker Dietz und Sportlehrer Wolfgang Siebert (MCG)
  • Foto: Neue Mensa (MCG)
  • Foto: Turngerät (MCG)
  • Foto: Poster (MCG)